Verfassungsrechtlich werden Bildung und Chancengleichheit in Deutschland von der Schulpflicht her gedacht, die wiederum als Ausdruck des staatlichen Bildungs-, Erziehungs- und Integrationsauftrags verstanden und bislang weitgehend mit einer Schulbesuchspflicht gleichgesetzt wird. Die in der Pandemie gesammelten Erfahrungen erschüttern diese Sichtweise und fordern zu einer Neubewertung der verfassungsrechtlichen Grundlage staatlichen Schulehaltens heraus. Sie ergibt, dass sich Schule rechtlich nicht mehr sinnvoll von der Schulpflicht, sondern vom Recht auf Bildung und einer (bedingten) Pflicht zu Bildung her denken lässt.
In Germany, the concept of compulsory school attendance usually serves as the starting point for constitutional law reasoning about education and equal opportunities. School attendance duty is normally thought of as a corollary of the educational mission of the nation state. The experiences gathered during the Corona pandemic (such as distance learning) have shaken this conventional wisdom and should lead to an unbiased interpretation of the constitutional bases of state schooling. The article argues that, rather than compulsory schooling, the right to education and a (limited) duty to educate oneself is at the heart of the constitutional law framework for schooling.
Enthalten in:
Die Deutsche Schule; 2021/4 Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Bildungspolitik und pädagogische Praxis
(2021)
Weiterführende Informationen
Serie / Reihe: Die Deutsche Schule
Personen: Reimer, Franz
Reimer, Franz:
Schulpflicht für alle - Zweck oder Mittel? : Der verfassungsrechtliche Rahmen für schulische Bildung und Chancen(un)gleichheit vor und nach der Pandemie / Franz Reimer, 2021. - Seite 409-421 - (¬Die¬ Deutsche Schule) Chancenungleichheit aus bildungsrechtlicher Perspektive
Zeitschriftenartikel