Mit diesen Thesen mischt sich der Autor ein in den anlässlich der bekannt gewordenen sexuellen Missbrauchsfälle in der Odenwaldschule entfachten Streit um Gestalt, Geltung und Geschichte der Reformpädagogik in Deutschland. Im Unterschied zu anderen Autoren geht er davon aus, dass es sich bei der historischen Reformpädagogik primär nicht um ein Konstrukt pädagogischer Rhetorik, Theoriebildung oder Geschichtsschreibung handelt und auch nicht allein um die Erfindung einzelner Reformer oder um das Markenzeichen einzelner Reforminstitutionen, sondern um eine breite und vielgestaltige Bewegung in der pädagogischen Praxis. Diese Bewegung bezieht sich auf den umfassenden Prozess der Etablierung eines öffentlichen, staatlich organisierten, die gesamte Jugend einbeziehenden Schulwesens. Sie richtet sich auf die Probleme des schulischen, des verschulten und dem Lernenden entfremdeten Lernens und versucht sie in der Ausgestaltung des Unterrichts und der schulischen Lernwelt zu überwinden. Schulreform bedeutet heute Schulentwicklung "von unten" an der Basis durch die Betroffenen im Gegenzug gegen die Schulentwicklung "von oben" in Plänen, Programmen und Vergleichsstudien durch Bildungspolitiker und Bildungsforscher.
Enthalten in:
Zeitschrift für Pädagogik; 2011/5
(2011)
Weiterführende Informationen
Serie / Reihe: Zeitschrift für Pädagogik
Personen: Schulze, Theodor
Schulze, Theodor:
Thesen zur deutschen Reformpädagogik / Theodor Schulze, 2011. - S.760-779 - (Zeitschrift für Pädagogik)
Zeitschriftenartikel