Sie gab mir ’nen Abschiedskuss, denn dann kam der Bus / Sie sagte: „Max, ich muss“, die Türe schloss, was ist jetzt Schluss? / Es goss, ich ging zu Fuß, bin konfus, fast gerannt / Anna nahm meinen Verstand, ich fand an Anna allerhand / Manchmal lach’ ich drüber, doch dann merk’ ich wieder wie’s mich trifft / Komik ist Tragik in Spiegelschrift“ So berappt Max Herre mit seinem „Freundeskreis“ den Abschied des lyrischen Ichs von der Titelgebenden „A-N-N-A“. Und nicht ganz verschieden davon versucht die elfjährige Sasha den Suizid ihrer Mutter zu vergessen, zu verdrängen, zu überspielen. Sasha möchte Stand-upperin werden, „Comedy Queen“, so lautet der Titel von Jenny Jägerfelds neuem Buch. Funny bones sind das, was Sasha sich wünscht, sie möchte „eine von denen sein, die witzig sind, ohne sich anzustrengen“. Und Sasha meint es ernst damit: „Dagegen hängt mein Leben tatsächlich davon ab, dass es mir gelingt, funny bones zu bekommen. Das ist nicht mal übertrieben. Das ist wahr. Ohne werde ich nicht überleben.“ Sashas Mutter hatte Depressionen, die zuletzt stärker geworden sind als sie und ihr das Leben genommen haben. Sasha hat Angst davor, dass sie wird wie ihre Mutter und hat sich vorgenommen, aus den „Irrtümern“ ihrer Mutter zu lernen und das Gegenteil zu machen. Sasha hat eine Liste mit sieben Punkten angelegt und nennt diese Punkte „Sachen, die ich tun muss, um zu überleben“. Sashas Mutter hatte lange Haare, also müssen Sashas Haare ab. Sashas Einschätzung nach ist es ihrer Mutter nicht gelungen, sich um Sasha zu kümmern, demnach lautet Sashas zweiter Punkt: „Versuch gar nicht erst, dich um etwas Lebendiges zu kümmern“. Lesen war das, womit sich Sashas Mutter die meiste Zeit vertrieben hat, also nimmt sich Sasha vor, keine Bücher mehr zu lesen (auch nicht für die Schule). Der schwarzen Kleidung ihrer Mutter möchte Sasha bunte entgegensetzen, sie möchte nicht über so viel nachdenken, wie es ihre Mutter getan hat, am liebsten über gar nichts mehr. Und den Wald, in dem ihre Mutter stundenlange Spaziergänge gemacht hat, den möchte Sasha auch meiden. „Aber das Wichtigste von allem. Mama hatte Depressionen und weinte mehr oder weniger ununterbrochen. […] Und ich habe nicht vor, Leute zum Weinen zu bringen. Ich werde Leute zum Lachen bringen, das ist meine Mission!“ – Komik ist Tragik in Spiegelschrift. Was dann geschieht, ist abzusehen: Manche der Regeln lassen sich schnell umsetzen – Haare ab – und auch das Tragen von bunter Kleidung ist nicht schwer. Sasha gelingt es zunächst ebenfalls erstaunlich gut, nicht zu weinen, sie hat sich auch hier einige Tricks überlegt. Doch ihre fehlenden Tränen sind für ihren Vater Anlass genug, mit ihr zur Kinderpsychologin zu gehen. Und hier beginnt Sasha nach einigem Wiederstand zu verstehen, sich zu öffnen und folgt schließlich keinen Regeln mehr, die auch sie selbst nicht mehr sie selbst sein lassen. Jenny Jägerfelds „Comedy Queen“ ist literarästhetisch nicht der größte Wurf, aber in bekannter Manier bespricht sie wichtige Themen. Man könnte ihr also eine zu große moralisch-pädagogische Intention vorgeworfen werden, wir können aber auch sagen, dass Jägerfeld einen neuen Denk- und vor allem Sprechraum schafft, der anspricht, worüber gesprochen werden muss.
Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Personen: Jägerfeld, Jenny Kicherer, Birgitta
Jägerfeld, Jenny:
Comedy Qeen / Jenny Jägerfeld. Aus dem Schwed. von Birgitta Kicherer. - Stuttgart : Urachhaus, 2020. - 246 S.
Einheitssacht.: Comedy queen
ISBN 978-3-8251-5189-8
Zugangsnummer: 00011124 - Barcode: 00011124
Romane und Erzählungen für Kinder - Signatur: JE Jäger - Buch