---

Rezension

Wolf (zuletzt "Leibhaftig", BA 5/02) protokollierte 43 Jahre lang, von 1960 bis 2000, "ihren" 27. September, als Dokument ihrer inneren Entwicklung und als Selbstanalyse, zunächst ganz frei von künstlerischen Absichten und publizistischen Projekten. Was die Autorin nunmehr zur Veröffentlichung bewegte, ist die Aussagekraft dieser Aufzeichnungen als authentisches Selbstporträt und Zeitdokument. Zumindest dem Anspruch eines realistischen und differenzierten Persönlichkeitsbildes der Schriftstellerin werden die Tagebuchaufzeichnungen gerecht, vor allem durch ihre radikale Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Aber auch als Zeitdiagnose weisen diese "Jahrestage" zumindest passagenweise beachtliche analytische Qualitäten auf. Insgesamt dominierte aber der private, oft banale Lebensalltag mit Kindersorgen, Krankheiten, Einkäufen und Gesprächen mit Bekannten oder Freunden. Die Sprachmächtigkeit des Erzählwerkes Wolfs lassen diese Notizen, deren Reiz im Spontan-Formulierten und Authentischen liegt, zwangsläufig vermissen. Ein wichtiges, bei Erscheinen sicherlich viel diskutiertes Buch. (2)

---

---

Personen: Wolf, Christa

Schlagwörter: Tagebuch 1944-1945 Wolf, Christa

Interessenkreis: BIOGRAPHIE