Spirituelle Expedition in die Hauptstadt des tibetischen Exils. (EL) Ursprünglich hatte Stephan Kulle, deutscher Journalist und Theologe, geplant, den Dalai Lama zu treffen. Aufgrund einer Erkrankung des religiösen und weltlichen Oberhauptes der Tibeter war dies nicht möglich, sodass der Titel des Reiseberichts nicht "zu Besuch beim Dalai Lama", sondern eben "40 Tage im Kloster des Dalai Lama" lauten musste. Genau genommen lebte Stephan Kulle nur die letzte Woche direkt bei den Mönchen im Namgyal Kloster, der Residenz seiner Heiligkeit. Die Wochen davor war er zu Gast im TseChokLing Kloster in McLeodganj, jenem indischen Dorf am Fuße des Himalaya, in dem die Führung der Tibeter Exil gefunden hat. In 96 Kapiteln beschreibt der Autor seine Eindrücke, Begegnungen und Erfahrungen, nimmt Stellung zur politischen Situation und sucht nach Antworten auf gemeinsame Fragen des Buddhismus und des Christentums. Auch wenn es, wie Stephan Kulle unumwunden zugibt, größere Abenteuer gibt, als 40 Tage am Sitz des Dalai Lama zu verbringen, so ist es doch schwer, von seinen atmosphärischen Beschreibungen unbeeindruckt zu bleiben. Die Gastfreundlichkeit der Mönche inmitten äußerst bescheidener Verhältnisse und ihre tiefe Religiosität schaffen einen Ort von besonderer Anziehungskraft. Spürbar ist auch die zunehmende Resignation des Dalai Lama in seinem gewaltfreien Kampf für die Unabhängigkeit Tibets und die Ungewissheit darüber, wer seine Nachfolge antreten wird. Eine Ungewissheit, die durch seinen erst kürzlich erklärten Verzicht auf die politische Führung neue Nahrung bekommen hat. Empfehlenswerte Lektüre für LeserInnen, die sich für den Dialog zwischen den Weltreligionen und die Tibetfrage interessieren. *bn* Gerhard Huber

Personen: Kulle, Stephan