Sprachlosigkeit und innere Abgründe in literarischer Höchstform. (DR) Die neuseeländische Schriftstellerin Janet Frame gehört unbestritten zu den bedeutendsten Autorinnen des 20. Jahrhunderts. Der vorliegende Band stammt aus dem Nachlass der 2004 verstorbenen Schriftstellerin, er wurde von ihr 1963 innerhalb von nur drei Monaten geschrieben, aber zu Lebzeiten nie zur Veröffentlichung freigegeben. Erst 2007 erfolgte die englischsprachige Erstveröffentlichung ("Towards Another Summer"), die nun endlich bei C.H. Beck in einer lobenswerten deutschen Übersetzung von Karen Nölle vorliegt. Die Hauptfigur Grace Cleave, eine neuseeländische Schriftstellerin und zweifelsohne das Alter Ego von Frame, verbringt ein Wochenende bei einem befreundeten Kritiker und dessen Familie. Die Herzlichkeit und der familiäre Alltag mit zwei Kindern führen der krankhaft schüchternen und scheuen Frau auf schonungslose Art ihre Unfähigkeit zu "normaler" Kommunikation und zwischenmenschlicher Interaktion vor Augen. Zu stark sind ihre Empfindungen und zu tief ihre inneren Abgründe, um unbeschwert mit den Herausforderungen des alltäglichen Lebens fertigzuwerden. Autobiografische Kindheitserinnerungen erklären teilweise die zwischenmenschliche Unbeholfenheit der Frau und hinterlassen durch ihre sprachliche Versiertheit und Intensität einen nachhaltigen Eindruck bei den LeserInnen. Das überaus lesenswerte Buch wird zudem durch ein kenntnisreiches Nachwort von Verena Auffermann und eine editorische Notiz der verdienstvollen Übersetzerin bereichert. *bn* Barbara Tumfart

Personen: Nölle, Karen Frame, Janet Auffermann, Verena