Maraini, Dacia
Der Zug in die jüngste Nacht Roman
Buch

Berührende Suche nach einem verschollenen oder vielleicht auch toten Freund. (DR) Die Jungjournalistin Amara Sironi reist 1956 im Auftrag ihres Chefredakteurs mit dem Zug nach Auschwitz. Um seine Einreise in die Tschechoslowakei zu erleichtern, ersucht sie der Mitreisende Dr. Hans Wilkowsky um einen Gefallen. Im Gegenzug bietet er, mütterlicherseits Jude, Amara seine Hilfe bei der Suche nach dem jüdischen Kinderfreund Emanuele Orenstein an. Amara, Tochter eines Schusters, und Emanuele, Sohn eines reichen Spielzeugfabrikanten, ob seiner außergewöhnlichen Intelligenz seinem Alter weit voraus, genießen in Florenz eine sorglose Kindheit. Die Freundschaft reift zur großen Liebe, aufflammenden Faschismus in Italien und Nationalsozialismus in Deutschland ignorieren sie. Aus falsch verstandenem Patriotismus und in der Meinung, ohnehin schon seit Generationen Österreicher zu sein, übersiedelt die jüdische Familie Orenstein in ihr zweites Domizil nach Wien. Über die folgenden schrecklichen Geschehnisse wird Amara durch die nahezu täglichen Briefe Emanueles informiert. Der letzte erschütternde Brief aus dem Getto Lodz erreicht sie 1943. Doch woher und von wem erhält sie Jahre später ein Heft mit den Aufzeichnungen Emanueles? Nach ihren erfolglosen Recherchen in Auschwitz reist Amara mit Hans nach Wien, um dort bei den ansässigen Orensteins nachzuforschen. Um ihrem Auftrag, über den Kalten Krieg im Osten zu berichten, nachzukommen, aber auch um weitere Orensteins zu finden, reisen die beiden nach Budapest und geraten prompt in die Kampfhandlungen der Oktoberrevolution. Dieser Roman bewegt sich auf zwei Ebenen, in die Emanueles Briefe eingeflochten sind: Zum einen wird rückblickend die Verschleppung und Hinrichtung der Juden beschrieben, zum anderen die Suche nach der verschollenen Jugendliebe im Jahr 1956. Der Autorin gelingt es, die Lügen, Schrecken und Gräueltaten des Nationalsozialismus sensibel zu schildern. Eine Kritik: 1956 gab es nach den Silvesterfeiern in den Straßen Wiens sicher noch keine leeren Bierdosen und Pommes frites-Tüten. Auch Lebensmittel mussten nicht mehr am Schwarzmarkt erstanden werden. Trotzdem ein ergreifender, empfehlenswerter Roman. *bn* Sissy Kohlbacher

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Personen: Maraini, Dacia Wagner, Eva-Marie

Maraini, Dacia:
¬Der¬ Zug in die jüngste Nacht : Roman / Dacia Maraini. Aus dem Ital. von Eva-Marie Wagner. - München ; Zürich : Piper, 2010. - 479 S.
ISBN 978-3-492-05294-8 fest geb. : ca. ? 23,60

Zugangsnummer: 2022/0452
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Marai - Buch