In einer melancholischen Rückblende auf die erste Liebe lässt eine Frau ihren tristen Alltag hinter sich, um eine Reise in die Vergangenheit zu unternehmen. (DR) Jeder Satz der Autorin atmet die beschwerliche Tristesse der am Leben Enttäuschten. Lange Passagen führen tiefer und tiefer in das Seelenleben, die Beobachtungen und die Begebenheiten einer Traurigen hinein, der man sich kaum entziehen kann. Am Abend ihres 25. Hochzeitstages - schon ist alles für die Feier zu zweit vorbereitet - stößt Emilie auf eine Zeitungsannonce. Ihre erste Liebe Dario bittet sie, zu ihr nach Genua zu kommen, und Hals über Kopf verlässt sie das Haus, verlässt Paris, ihren Mann, um nach Genua zu fahren. Weder ihre Töchter noch ihr Mann verstehen, was die Getriebene da eigentlich will: Nach und nach erschließt sich, wie unglücklich Emilie schon immer gewesen ist, eine ununterbrochene Serie von Lieblosigkeiten und Versäumnissen wird ersichtlich, die scheinbar nur von der Begegnung mit ihrer Jugendliebe unterbrochen worden war. Mit kalter Präzision, die ohne Barmherzigkeit ist, erscheint ein Leben ohne Erfüllung und Leidenschaft in vielen kleinen Episoden, in denen Menschen sich übersehen, klein machen und versäumen. Warum der Geliebte nach ihr gesucht hat, bleibt bis zum letzten Fünftel des Buches ein Geheimnis. Dass hier kein glattes Happy End zu erwarten ist, ahnt man aber schon bald. Die flache Prosa, erzählt wie ohne Atemholen, gespickt mit kindlichen Katastrophen und erwachsenen Abgründen, liest sich wie die Abschrift eines Gesprächs mit der Telefonseelsorge. Wer je daran gezweifelt hat, dass man auch ohne erschütternde Ereignisse zutiefst unglücklich sein kann, ist nach der Lektüre dieses Buches, das der Verlag in einer edlen Hardcover-Ausgabe herausgebracht hat, eines Besseren belehrt. Fazit: Selbst Frohnaturen werden diese klischeefreie Tristesse über knapp 300 Seiten nicht ohne weiteres verdauen. *bn* Susanne Luger

Personen: Olmi, Véronique Steinitz, Claudia