Episoden aus einer Stadt in Auflösung. (DR) Der Band ist eine Neuauflage der erstmals im Jahr 1982 veröffentlichten Erzählung, mit der Jonke die Trilogie um den Komponisten Fritz Burgmüller abschloss. Burgmüller hält sich in einer Stadt auf, in der sich die Welt auflöst. Die Fahnen hält es nicht auf den Masten, die Deckel nicht auf den Töpfen. Straßenbahnschienen schütteln Haltestellen ab, während ganze Bücherstapel aus den Bibliotheken fliehen. Kanaldeckel geraten plötzlich in Bewegung und Verkehrsampeln verweigern unmotiviert ihren Dienst. Zusammengehalten wird diese Folge von absurden Geschichten und Episoden von der drohend über allem stehenden Vision, dass die steinernen Tragfiguren, die Telamone und Karyatiden, ihre Riesenlasten einmal abwerfen. Dann wäre der große Schlafkrieg ausgebrochen. Dann würden die Häuser, die von ihnen gehalten werden, zusammenbrechen. Diese finale Katastrophe, die am Schluss der Erzählung angedeutet wird, ist der Höhepunkt der vielen kleineren und kleinsten Geschichten des Scheiterns und des Zerfalls. Für die Darstellung dieser apokalyptischen Sturzflut von Ereignissen findet Jonke eine adäquate Sprache. Er lässt ein regelrechtes Stoffgewitter der Metaphern und Bilder auf uns niedergehen und setzt Begriffe zu langen Wortungetümen zusammen. Diese komplizierten Komposita sollen aber die Welt nicht neu zusammenfügen, sondern sie vielmehr auflösen. Allerdings erschließen sich diese sich überschlagenden Wörter und Sätze sowie die aberwitzigen Dingworthaufen nicht gerade leicht. Dieser großartige Text mit seinem Sprachreichtum und seiner großen Konzeption verlangt einen interessierten, ausdauernden Leser. Dieser wird auch Jonkes wunderbare Sprache, bei der die scheinbar tote Materie zu blühendem Leben erwacht, genießen können. *bn* Karl Vogd

Personen: Jonke, Gert Jandl, Paul