Schäferstündchen und andere Sündenfälle. (DR) Gregor Weybold hat einen recht unspektakulären Lebenslauf: Katholisches Internat, dann Biologiestudium. Nun ist der Dreißigjährige als Aushilfslehrer einer Mädchenschule zugeteilt worden. Fritz Popp, der selbst an einer Salzburger Mittelschule unterrichtet, kennt den Schulbetrieb in- und auswendig. In PISA-Zeiten, da das öffentliche Ansehen der Pädagogen ohnehin darniederliegt, liefert er den Kritikern mit satirischen Mitteln neue Munition. Der Junglehrer, der am Beginn seiner Laufbahn steht, ist nicht gerade ein Ausbund an Motivation: "Mindestens dreißig Jahre im Schuldienst standen ihm noch bevor, und er verspürte jetzt schon ein aufkommendes Burn-out-Syndrom, das zumindest die Möglichkeit einer Frühpensionierung erhoffen ließ." Sein älterer Kollege ist ihm ein schlechtes Vorbild, denn er hat vor allem seine Hobbys im Sinn und bestreitet den Unterricht mit Videofilmen. Als studierter Theologe nimmt der Autor auch kirchliche Institutionen aufs Korn. Wenn er seine Kritik in sprachspielerische Form gießt, gelingt ihm manch amüsanter Aphorismus: "Die Kirche bringt ihre Schäfchen ins Trockene, vor allem aber auch die Schäfer. Kirchliche Schäferstündchen." Gregor ist - zumindest vorerst noch - ein praktizierender Katholik und kennt durch seine fromme Verwandtschaft etliche Kleriker persönlich, die allesamt dem konservativen Flügel der Kirche angehören. Das Engelwerk und traditionalistische Priesterbruderschaften vermengen sich hier zu einem undurchsichtigen Netzwerk des Obskurantismus. Es wird suggeriert, dass in diesen Gruppen Verlogenheit, Scheinheiligkeit und alle Arten von Missbrauch besonders gut gedeihen. Da genügt es, die Handkommunion abzulehnen und die Messe im alten lateinischen Ritus zu feiern, um in ein schiefes Licht zu geraten. Tradition ist in Popps Augen kein wertvolles Gut und bietet auch keinen Halt im positiven Sinn, sondern dient nur der Heuchelei als Deckmantel: Bigotte Finsterlinge nützen die Not psychisch labiler Menschen aus. "Da ist fast nichts erfunden", erklärte der Autor bei einer Lesung, "und schon gar nicht das, was am unwahrscheinlichsten klingt." Na dann gute Nacht, Kirche und Schule in Österreich. *bn* Renate Langer
Personen: Popp, Fritz
Popp, Fritz:
Keine Engel : Roman / Fritz Popp. - Salzburg : Edition Tandem, 2010. - 423 S.
ISBN 978-3-902606-46-4 fest geb. : ca. ? 21,00
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Popp - Buch