Humoristischer Lesegenuss, kulinarisch aufgefettet. (DR) Auf Bartholomäus Ratzenhammer (1901 bis 1925), den Koch und letzten bayrischen Henker, und sein Verzeichnis aller Henkers-Mahlzeiten sei der Autor laut Vorwort im Archiv des Amtsgerichtes München gestoßen. Er habe die Rezepte dem Südtiroler Starkoch Herbert Hintner zur zeitgemäßen Überarbeitung überlassen, die Lebensläufe der Gehenkten aber selbst recherchiert. Mit dieser literarischen Finte beginnt Rosendorfer seine Sammlung fiktiver Lebensläufe und lässt Ratzenhammer in der Folge siebzehnmal kochen und guillotinieren: Walter Micklmauser etwa wird für seine Züchtung ordinär eingefärbter Riesenmäuse verurteilt - dass er Kleintiere liebte, lässt sich an der Henkersmahlzeit - Forelle, Wachtel und Hasenrücken - ablesen. Auch alle anderen Biografien sind mit barocker Liebe fürs absurde Detail aufgezeichnet, durchsetzt mit dem skurrilen Humor Rosendorfers, der nicht vor feinen - manchmal auch groben - satirischen Seitenhieben auf Politik, Geschichte und moderne wie zeitgenössische Kunst zurückschreckt. Da muss mit Schlappenseich der erste Vertreter des Regietheaters dran glauben, der hingerichtete Prof. Gyrls scheint ein Vorläufer Beuys' gewesen zu sein und die Käs-Spatzen, auch Dolomiten-Maden genannt, kamen wegen "vorsätzlichen Alpenmissbrauchs" unter das Beil. Ein außergewöhnlich schön gestaltetes Stück komischer Literatur, wobei die Rezepte hoffentlich ungelogen sind und die Mängel des Korrektorats in der nächsten Auflage beseitigt werden. *bn* Franz Lettner

Personen: Rosendorfer, Herbert Ratzenhammer, Bartholomäus Hintner, Herbert