Nehmen wir es vorweg: dieses umfassende wissenschaftliche Werk über die Geschichte der Psychoanalyse, aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt, ist nur dem Fachmann zur Lektüre zu empfehlen. Zaretsky, der das Thema von der historischen und soziologischen Seite her anpackt, schöpft tief und aus dem Vollen. Er bewertet die Lehren Freuds von der Bedeutung des Unbewussten und der Sexualität im menschlichen Leben als einen höchst essentiellen Beitrag zur Emanzipation aus vielerlei Bindungen im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert, gleichzeitig aber auch als Quelle von zahlreichen Vorurteilen. Dieses vieldeutige Vermächtnis der Psychoanalyse, die Ambivalenz zwischen ihren befreienden und repressiven Aspekten darzustellen, ist eines der Hauptanliegen seines intellektuell anspruchsvollen Werkes. Die Psychoanalyse ermöglichte auf der einen Seite dem Einzelnen ein reflektierteres und erfüllteres Leben zu führen, sie bereicherte die Künste, die Wissenschaften vom Menschen, auf der anderen Seite wurde sie von der Soziologie und der Kultur des persönlichen Lebens absorbiert, in ihrem Wesen verändert und schließlich verschlissen. So der Autor in seinem Vorwort. Eli Zaretsky stellt auf höchstem Denk- und Sprachniveau diese Entwicklung im historischen Kontext dar, wobei er sich selbstverständlich auch mit den Protagonisten und Gegnern des Freudschen Denkgebäudes eingehend beschäftigt. Friedrich Weissensteiner
Personen: Zaretsky, Eli
Standort: HST
PI.HP Zar
Zaretsky, Eli:
Freuds Jahrhundert : Die Geschichte der Psychoanalyse / Eli Zaretsky. - Wien : Zsolnay, 2006. - 622 S. : zahlr. Ill. - Aus dem Amerikan. von Klaus Binder und Bernd Leineweber
ISBN 978-3-552-05372-4 EUR 41,10
PI.HP - Sachlit.-Buch