Ferdinand von Schirach ist seit 16 Jahren als Anwalt und Strafverteidiger tätig. Laut Klappentext seines Erzählbands Schuld gehören "Industrielle, Prominente, Angehörige der Unterwelt und ganz normale Menschen" zu seiner Klientel. Solche Sätze sollen den Autor interessanter machen. Ferdinand von Schirach hat das aber gar nicht nötig. Alle Geschichten aus Schuld sind gut bis blendend geschrieben. Und spannend sind sie allesamt sowieso.
Das liegt nicht daran, dass Ferdinand von Schirach den Mainstream mit literarischen Kniffen in Büchern bedient, die schon zur Genüge in den Regalen der Buchhandlungen auf Kundschaft warten. Das liegt im Gegenteil vor allem daran, dass es dem Autor gelingt, vor dem Hintergrund seines Wissens über die Niederungen der menschlichen Seele ganz anders zu schreiben als die andern. Ferdinand von Schirach schreibt schnörkellos und unaufgeregt, ganz auf die Wucht des Faktischen vertrauend: über geschundene Frauen, die eher durch Unfall zu Mörderinnen werden (oder es, wie sich erst am Ende der Geschichte herausstellt, gar nicht gewesen sind). Über einsame Menschen, die aus Einsamkeit Verbrecher werden. Oder über die teils kuriosen Wege, die kriminelle Handlungen beizeiten nehmen. Erst spät gibt sich der Autor dabei im Alter Ego des Ich-Erzählers - eines Anwalts - zu erkennen. Auch dieser Kunstgriff ist brillant gemacht.
Apropos brillant: Eine Geschichte gibt es, die aus der Vielzahl guter Stories noch herausragt: Der Schlüssel über einen Drogendeal, der einen absurden - und dabei absolut glaubwürdigen - Drive bekommt, der an die Filme Quentin Tarantinos erinnert. Überaus lesenswert.
Personen: Schirach, Ferdinand von
Leseror. Aufstellung: Schöne Literatur
SCHI
Schirach, Ferdinand von:
Schuld / Ferdinand von Schirach. - 3. Aufl. - München [u.a.] : Piper, 2010. - 199 S.
ISBN 978-3-492-05422-5 fest geb. : EUR 18
Schöne Literatur - Buch