Annotation: Kurzweiliger Roman über ein Mobbing-Opfer, das sich neu erfindet und im Kontakt mit einer Chat-Bekanntschaft aus der Zukunft reflektiert. Rezension: Niemand würde freiwillig mit Hans Petter tauschen. Der Fünfzehnjährige ist schon seit Jahren ganz unten in der Hackordnung seiner Schule und kommt nur zurecht, weil er gelernt hat, sich unauffällig zu verhalten. Aber jetzt fängt alles von vorne an. Hans Petters Mutter kann ihm nicht helfen. Sein Vater ist nur ab und zu greifbar – und war, wie sich herausstellt, ursprünglich dafür, seinen Sohn, das Ergebnis eines One-Night-Stands, abtreiben zu lassen. Gunnar, sein schmierig-kumpelhafter Lehrer, kann ihm auch nicht helfen. Stattdessen zwingt er ihn nicht nur in eine Art Selbsthilfegruppe für Außenseiter, sondern fängt auch noch was mit seiner Mutter an. Aber auch Hans Petter lernt jemanden kennen – Fera, eine Chat-Bekanntschaft aus der Zukunft, die aus historischem Interesse Kontakt zu jemandem sucht, der vor der Diktatur und dem Beinahe-Weltuntergang gelebt hat, der uns noch bevorsteht. Das ist zunächst verwirrend und strapaziert vielleicht auch den Realitätssinn des einen oder anderen Lesers. Doch die sich entwickelnde Beziehung der beiden, in Chat-Sequenzen und E-Mails als Freundschaft, vielleicht Liebe warm und unprätentiös erzählt, tröstet über den konstruierten Plot hinweg. Stark ist der Roman auch in der Schilderung der destruktiven Seite Hans Petters, der sich seinem Peiniger dadurch annähert, dass er ihm ähnlicher wird. Erpressung, Beleidigung, Rufmord – Hans Petter wird in seinem Wunsch, kein Opfer mehr zu sein, schneller zum Täter, als er selbst es bemerkt. Und so kann ihn noch überraschen, was Fera ihm am Ende des Romans mitteilt, während es die LeserInnen längst ahnen: Hans Petter ist der fürchterliche Diktator der Zukunft – einer möglichen Zukunft. Ende offen. Es fällt leicht, sich mit dem intelligenten, aber von seinen Mitmenschen schon etwas zerbeulten und verbogenen Jungen und seiner Gefühlswelt zu identifizieren. Und so folgt man Nina Vogt-Ostli bereitwillig durch ihre Darstellung des ewigen Kampfes zwischen Gut und Böse in uns, die zwar insgesamt recht konventionell, aber doch angenehm undogmatisch daherkommt und weder der materialistischen, noch der idealistischen Position den Vorzug gibt: Jeder Verbrecher hat eine Geschichte – doch man hat immer eine Wahl.
Personen: Vogt-Ostli, Nina Lendt, Dagmar (Übers.)
JE.T
Vog
Vogt-Ostli, Nina:
¬Der¬ Tag wird kommen : ab 15 Jahren / Nina Vogt-Ostli. - Münster : Coppenrath, 2014. - 239 S. Min tid kommer
ISBN 978-3-649-61386-2 ca. Eur 14,95
Gesellschaft, Psychologie, Krankheit - Bücher Kinder