Márai, Sándor
Die Möwe ; Roman
Romane, Erzählungen

Symbolträchtiger Roman und vielschichtige Auseinandersetzung um das Phänomen der Liebe. (DR) Ein Mann Mitte vierzig, mit einer verantwortungsreichen Position in einem ungarischen Ministerium, trifft in der Zeit des Zweiten Weltkrieges eine folgenschwere Entscheidung für sein Land. Just an diesem Tag holt ihn die Vergangenheit in Gestalt einer jungen Finnin ein, die nicht zufällig zu ihm geschickt worden ist, um mit seiner Unterstützung in Ungarn beruflich Fuß zu fassen. Diese Begegnung wirft den sonst so beherrschten Beamten völlig aus der Bahn: Im ersten Moment glaubt er tatsächlich, seine durch Selbstmord umgekommene Geliebte sei zu ihm zurückgekehrt. Und er fällt an diesem Tag noch eine wichtige Entscheidung - diesmal für sich persönlich: Er ist bereit, sich noch einmal auf die Liebe einzulassen, auch wenn er dadurch seine scheinbare Ruhe und Zufriedenheit aufs Spiel setztà Márai begibt sich mit diesem vielschichtigen Roman auf die Suche nach dem Faszinierenden einer Liebesbeziehung. Dass dabei u.a. Platos Philosophie immer wieder durchklingt, überrascht nicht wirklich, macht aber nur einen kleinen Teil der Gedanken aus, die den Protagonisten bewegen. Ist der Mensch wirklich ein einzigartiges Wesen, sollte er nicht demütig akzeptieren, dass die Masse zählt und nicht das Individuum? Ist nicht auch jede Liebesgeschichte letztendlich ein Klon, da sich ohnehin alles wiederholt? Márai hat sich für diesen Roman einer starken Symbolik bedient: So findet beispielsweise die fremdartige Vertrautheit einer Seelenverwandtschaft, über die so viele Liebende am Anfang ihrer Beziehung ins Staunen geraten, ihre sinnbildliche Entsprechung in der finnisch-ugrischen Sprachgemeinschaft. - Bei aller Wertschätzung für den Autor, für die Tiefe seiner Gedanken und sein bewundernswertes Sprachgefühl ist dennoch eine kleine Vorwarnung speziell für die weibliche Leserschaft am Platz: Die Aussage "Ja, es gibt solche Sprachgenies, auch bei den Frauen." (S. 168) ist nur eine von mehreren Kostproben dafür, dass auch dieses Werk des ungarischen Autors einem etwas Nachsicht und Verständnis für die Entstehungszeit des Romans - Erstveröffentlichung 1943 in Ungarn - abverlangt. *bn* Sabine Krutter


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Personen: Márai Sándor Kunze, Christina

Márai Sándor:
¬Die¬ Möwe : ; Roman / Sándor Márai. - München : Piper, 2008. - 186 S. - Aus dem Ungar. von Christina Kunze
ISBN 978-3-492-05208-5 fest geb. : ca. Eur 17,40

Zugangsnummer: 0010163001 - Barcode: 2-0000000-8-00097281-9
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR MÁR - Romane, Erzählungen