"Wenn ich bloß Zeit hätte, pflegte er zu sagen, und arbeiten dürfte, statt schuften zu müssen, so wollte ich es Ihnen schon zeigen", ruft in Thomas Manns Doktor Faustus der Übersetzer Schildknapp aus.
Zu allen Zeiten hätten sich verkannte Genies so ausdrücken können. Doch heute wird die Auskunft ungenau; die Zeit, an der es mangelt, ist von anderer Art als Schildknapps Zeit, weil es sich um eine Zeit handelt, die erst nach der Abkoppelung von der Zeit des Schuftens aufgekommen ist.
Neu in Gebrauch gekommene Verfahren und Maschinen aller Art, allen voran der Computer, nehmen Routinearbeiten ab und stellen befreienden Zeitgewinn, Freizeit in Aussicht. Eingetreten ist jedoch etwas anderes: Statt des erleichternden Gefühls, über mehr Zeit zu verfügen und damit über mehr Freiheit, verbreitet sich die Empfindung wachsender Zeitknappheit und Beengung.
In achtzehn Kapiteln rund um die Zeit erzählt Lothar Baier von dem historischen Wandel des Zeitbegriffs und des Zeitgefühls, zeigt die philosophischen und politischen Bezüge und die physikalischen und sozialen Konzepte, auf denen unser Zeitverständnis beruht. In dieser klugen und nachdenklichen Betrachtung über die Zeit steht immer die Frage im Mittelpunkt: Wie wollen wir leben?
Personen: Baier, Lothar
B-SW9-Bai
Baier, Lothar:
Keine Zeit : 18 Versuche über die Beschleunigung / Lothar Baier. - München : Antje Kunstmann, 2000. - 222 S.
ISBN 978-3-88897-249-2 Festeinband
Sozialwissenschaften: Sonstiges - Buch