Schlink, Bernhard
Olga Roman
Buch

Ein Dorf in Pommern am Ende des 19. Jahrhunderts. Olga ist Waise, Herbert der Sohn des Gutsherrn. Sie verlieben sich und bleiben gegen den Widerstand seiner Eltern ein Paar, das immer wieder zueinander findet, auch als Olga Lehrerin wird und er zu Abenteuern nach Afrika, Amerika und Russland reist. Vom Kampf gegen die Herero zurückgekehrt, voller Träume von kolonialer Macht und Größe, will er für Deutschland die Arktis erobern. Seine Expedition scheitert, und die Bemühungen zu seiner Rettung enden, als der Erste Weltkrieg ausbricht. Olga sieht ihn nicht wieder und bleibt ihm doch auf ihre eigene Weise verbunden. Erzählt wird die Geschichte einer starken, klugen Frau, die miterleben muss, wie nicht nur ihr Geliebter, sondern ein ganzes Volk den Bezug zur Realität verliert. Es wird die Frage ihres Lebens: Warum denken die Deutschen zu groß? Wieder und wieder?


Rezension

Der Jurist Bernhard Schlink ist als Schriftsteller nicht alltäglicher Kriminalromane bekannt und dann durch besondere, aktuelle Themen aufgreifende Nichtkriminalromane. Manchmal scheint die Grenze fließend zu sein. Im Jahr 1944 geboren, schrieb er neben seiner Berufstätigkeit, nach seiner Motivation befragt, antwortete Schlink in einem Interview: "Ich schreibe aus demselben Grund, aus dem man auch liest: Man will nicht nur ein Leben leben." So sieht sich jeder Leser, jede Leserin immer wieder auf ganz eigene Weise in Fragen zu Schuld, Recht und Gerechtigkeit einbezogen - auch in die kritische Auseinandersetzung mit dem Verlauf des Zeitgeschehens.
Olga - schon Name und zugleich Titel des Romans lassen Vergangenes ahnen. Olga, im Kaiserreich geboren, wird eine selbstbewusste, zielstrebige Frau, deren Leben im 20. Jahrhundert von zwei Weltkriegen bestimmt wurde. Von klein auf ist ihr Herbert am wichtigsten - eine erfüllte und zugleich unerfüllt gebliebene Liebe. Eine Frau, die als Lehrerin die Welt kritisch beobachtet, aber nie verzagt. "Eine Frau, die kämpft und sich findet, ein Mann, der träumt und sich verliert. Leben zwischen Wirklichkeit, Sehnsucht und Aufbegehren. Vom späten 19. bis zum frühen 21. Jahrhundert ..." (Diogenes), bestimmt die Weltgeschichte in Afrika oder in der Arktis Olgas Leben. In berührender, fesselnder und in kritisch nachdenklich stimmender Weise setzt der Autor den Lehrerinnen, die bis in die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts ledig bleiben mussten, und anderen hart kämpfenden Frauen wie etwa den Nähfrauen ein Denkmal.
Ein überaus lesenswertes Buch über eine ungewöhnliche, sanfte Liebesgeschichte.

Rezensent: EG


Personen: Schlink, Bernhard

Schlagwörter: Frau Erster Weltkrieg

Interessenkreis: Rezensierte Titel

Schli

Schlink, Bernhard:
Olga : Roman / Bernhard Schlink. - Zürich : Diogenes, 2018. - 310 Seiten
ISBN 978-3-257-07015-6

Zugangsnummer: 2018/0091
Romane - Buch