Die Planung eines Windparks im Dorf Unterleuten entfacht einen erbitterten Kampf, in dem sowohl Alteingesessene als auch Zugezogene Allianzen und Intrigen schmieden und für die Durchsetzung ihrer Interessen vor kriminellen Handlungen nicht zurückschrecken. (DR) Das idyllische Dorf Unterleuten im Brandenburgischen hat zwar keine Touristenattraktionen zu bieten, zieht aber Jahr für Jahr Ornithologen an, welche hier selten gewordene Vogelarten beobachten können. Auch ein paar Aussteiger aus dem nicht allzu weit entfernten Berlin proben seit einiger Zeit in Unterleuten das Landleben. Da ist der 45-jährige ehemalige Dozent der Sozialwissenschaften, der mit seiner jungen Frau und dem gemeinsamen Baby nach Unterleuten gezogen ist und nun als Naturschützer arbeitet. Linda, eine attraktive 25-Jährige, setzt alles daran, die Genehmigung für eine Pferdezucht zu bekommen. Unter den Alteingesessenen ragt der erfolgreiche Unternehmer Gombrowski hervor, der es geschafft hat, das Landgut seiner Familie, das in der DDR-Zeit enteignet wurde, wieder zurückzubekommen und Kron, sein Widersacher, ein Wendeverlierer, der nicht verwinden kann, in die Bedeutungslosigkeit gesunken zu sein. Das Dorf gerät in Aufruhr, als bekannt wird, dass ein Windpark gebaut werden soll. Dies ist aber nur möglich, wenn eine entsprechend große zusammenhängende Fläche verfügbar ist. Dazu müssten einige Grundstücke verkauft werden, was deren Besitzer in eine privilegierte Lage bringt. Damit sind Streit und Intrigen vorprogrammiert. Sowohl die Zugezogenen als auch die Alteingesessenen kämpfen um ihre Interessen. Dabei geht es nicht nur um materielle Vorteile, sondern auch um alte Rechnungen zwischen Wendegewinnern und Wendeverlierern, um zerstörte Illusionen und Lebenslügen. Geradezu mythisch spitzt sich der Kampf zwischen Gombrowski und seinem Kontrahenten Kron zu, die Frau des eloquenten Naturschützers, die bisher ganz in der Symbiose mit ihrem Baby aufgegangen ist, gewinnt Konturen und die attraktive Pferdeflüsterin schockiert sogar ihren Freund mit der Skrupellosigkeit, mit der sie ihre Pläne verfolgt. Es ist wirklich bewundernswert, wie gekonnt Juli Zeh ihre ProtagonistInnen miteinander in Beziehung setzt, deren Charaktere schildert und die Handlung ungemein spannend vorantreibt. Der vieldiskutierte Roman liest sich wie ein Thriller und geht weit über eine moderne "Dorfgeschichte" hinaus. Der Autorin ist es gelungen, den Zeitgeist und das Lebensgefühl einer ganzen Epoche sichtbar zu machen, sehr zu empfehlen!
Personen: Zeh, Juli
Zeh, Juli:
Unterleuten : Roman / Juli Zeh. - München : Luchterhand, 2016. - 639 S.
ISBN 978-3-630-87487-6 fest geb. : 24,99
Schöne Literatur - Signatur: Zeh J - Buch