Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/) Autor: Christina Ulm; Es ist kompliziert: Vor 20 Jahren ist Joanne K. Rowlings Harry Potter erschienen und mit der Buchserie gelangte auch ein (pop-)kulturelles Phänomen in eine breitere Öffentlichkeit: Fan Fiction, also die Fort- und Weiterschreibung literarische Werke durch ihre (jugendlichen) Fans. Der Roman Fangirl von Rainbow Rowell bezieht sich auf eben jenen Hype und erzählt von der Jugendlichen Cath, die erfolgreich Fan Fiction im Internet veröffentlicht zu der erfolgreichen fiktiven Romanserie Simon Snow. Simon Snow wiederum kommt als deutlich erkennbare Referenz auf Harry Potter nicht nur in Textfragmenten in Fangirl vor, sondern erschien mittlerweile auch als eigenständiger Roman: Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow ist Rainbow Rowells Versuch, ihrer erfundenen Figur eine eigene Geschichte zu geben. So sind aktuell zwei Romane bei zwei Verlagen erschienen, die in Kombination konsumiert ein ausgefallenes Lesevergnügen bieten. Da Fangirl kurz vor Erscheinen des letzten Bandes der Simon Snow-Reihe spielt, stellt Aufstieg und Fall tatsächlich einen letzten Band dar, dessen Vorgängerbände aber nie erschienen sind. Trotzdem funktioniert der Text unabhängig von seiner angedeuteten Vorgeschichte, unabhängig von seinem großen Vorbild und unabhängig von seiner literarischen Geburtsstätte in Fangirl. Der Plot ist vertraut: In seinem letzten Schuljahr an der Zaubererschule Watford muss sich der Waise Simon der Auserwählte unter den Fittichen des Schulleiters nicht nur mit seiner unkontrollierbaren Zauberkraft auseinandersetzen, sondern auch mit dem Hinterhältigen Schatten, den er einer Prophezeiung nach besiegen soll. Der Bedrohung gegenüber steht das heimelige Gefühl in Watford, das über die Schuljahre hinweg zu seinem Zuhause geworden ist trotz seines ihm durch ein magisches Ritual zugeteilten Zimmernachbarn Baz, einem zynischen Vampir mit Augen in der Farbe von nassem Asphalt Die scheinbare Antipathie der beiden Jungen deutet Rainbow Rowell in eine multiperspektivische Liebesgeschichte um. Und folgt damit einer populären Ausrichtung von Fan Fiction: sogenannter Slash Fiction, in der homosexuelle Beziehungen zwischen Charakteren entwickelt und romantisch auserzählt werden. Cath, die Protagonistin aus Fangirl schreibt eben jene Slash Fiction zwischen Simon und Baz und verliert sich gerne in dieser geborgten Welt. Vor allem als sie aufs College kommt und ihre Zwillingsschwester ganz andere Prioritäten entwickelt als die introvertierte Cath, die sich in ihrem Zimmer zurückzieht und sich nicht einmal mit einer neuen Situation wie dem Besuch der Mensa konfrontieren kann. Ihre notwendige Entwicklung ist aufgelegt behutsam eingeleitet von einem Fortgeschrittenenkurs in kreativem Schreiben und durch Levi, der sich in ihr Zimmer und damit in ihr Leben schleicht und nicht mehr geht. Auf die Initiationsfrage Hast du Simon Snow gelesen? kann der blonde Sunny Boy nur antworten: Ich habe die Filme gesehen. Und so liest Cath ihm nächtelang ihre Texte vor, bis sie erkennt, dass sie letztlich ihre eigene Geschichte schreiben muss, um aus sich heraus zu wachsen. Fangirl hat alle Stärken und Schwächen des Genres, das es beschreibt: Starke, romantische und pointenreiche Einzelszenen und einen Mangel an Kohärenz, driftet der Roman doch bisweilen in Geplänkel ab. Das literarische Nebenprodukt Aufstieg und Fall scheint Fangirl diesbezüglich zu überflügeln: Obwohl fast jedes Motiv, jede Figur ihr Äquivalent in Harry Potter findet, und aus dieser Deckungsgleichheit auch Komik resultiert, schafft es die Autorin mit genau dieser Erwartungshaltung der Leser_ innen zu spielen. Simon Snow begeistert als eine Art Amalgam aus und ein Nachkomme von hundert anderen ausgedachten Auserwählten (Nachwort) mit der Variation bekannter Motive ebenso wie mit eigenständigen Ideen: Etwa die Etablierung von Magie durch Rhetorik (so sind die Zaubersprüche gut genutzte Redewendungen wie Have a break, have a Kit-Kat) oder den durchaus kritischen Blick auf ein Leben mit Zauberei. Der Roman ist erwachsener und pragmatischer als vergleichbare phantastische Texte, schließlich ist Rainbow Rowell in diesem Genre auch nur zu Besuch. Und doch gelingt ihr die Aktivierung von Wissen aus imaginierten Vorgängerbänden besser als so manch anderem tatsächlichen Fantasy-Fortsetzungsband. Wie die Autorin es schafft, eine ganze Schullaufbahn und sieben andere Abenteuer nur durch Anmerkungen zu implizieren, ist äußerst findig. Anspielungen, die sowohl in Aufstieg und Fall als auch in Fangirl fallen und die die beiden Romane damit zu einem klugen Lehrstück über Fiktion machen (übrigens egal, in welcher Reihenfolge man sie liest). Siehe weiters: Rainbow Rowell: Fangirl ---- Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Anita Ruckerbauer; Teenager-College-Geschichte mit magischem Aufputz. (ab 14) (JE) Simon Snow ist noch keine 16 Jahre, da gilt er schon als der mächtigste Magier und zukünftige Retter der magischen Welt. Das liegt weniger an seinem besonderen Geschick, sondern eher daran, dass er bis obenhin abgefüllt ist mit magischer Energie, die zum Leidwesen aller dazu neigt, sich explosionsartig zu entladen. Trotzdem besitzt Magie für andere Magier eine ungeheure Anziehungskraft. Doch dann beginnt sich auch ein geheimnisvoller und bedrohlicher Schatten für ihn zu interessieren und lässt ihn immer wieder in gefährliche Situationen geraten. Glücklicherweise hat Simon Penelope an seiner Seite, die wie ein guter Kumpel mit ihm durch dick und dünn geht - Hermine Granger lässt grüßen! Mit Dauerfreundin Agatha ist er dagegen mehr gewohnheitsmäßig zusammen. Und dann ist da noch Baz, mit vollem Namen Tyrannus Basilton Grimm-Pitch, sein Zimmergenosse. Simon ist sich sicher, dass Baz ein Vampir ist. Solche werden an der Schule nicht geduldet, also wird diese Tatsache einfach geleugnet. Mit ihm verbindet Simon anfangs eine herzliche Abneigung, ist er sich doch sicher, dass er ihm eines Nachts zum Opfer fallen wird. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht der einzelnen Protagonisten erzählt. Lange Zeit ist man nicht live bei den Geschehnissen dabei, sondern bekommt sie von den jeweiligen Figuren verknappt geschildert, weshalb sich die Spannung in sehr bescheidenen Grenzen hält. Kurz interessant wird es, als Baz eingesteht, schwul und in Simon verliebt zu sein. Simon weiß noch nicht so recht, wie er sexuell orientiert ist, aber er lässt sich erst einmal mit Baz ein. Sittenwächter brauchen keine Angst zu haben - bei den beiden mittlerweile 18-jährigen Jungen bleibt es beim wilden Geknutsche. Zum ersten Mal tauchen Simon und Baz in Rowells Roman "Fangirl" auf, sie haben die Autorin nicht mehr losgelassen. Fans von "Fangirl" wird dieses Buch wahrscheinlich gefallen, Fans von Harry Potter werden aber möglicherweise enttäuscht sein. ---- Quelle: STUBE (http://www.stube.at/) Cath ist erfolgreiche Verfasserin von Fanfiction rund um Simon Snow. Doch das hilft ihr wenig, als ihre Zwillingsschwester plötzlich beschließt, sich am College kein Zimmer mit ihr zu teilen. Rowells Jugendroman gelingt es, auf unterhaltsame Weise nicht nur substanzielle Fragen rund um literarisches Schreiben anzusprechen, sondern auch das Psychogramm einer Familie zu skizzieren. In Caths Spagat zwischen ihrer Souveränität als Schreibende und ihrer Unsicherheit in realer Kommunikation darf natürlich eine Liebesgeschichte nicht fehlen deren Reiz darin besteht, dass ihr Love Interest ein großes Problem mit dem Lesen hat. Und wer sich beim Lesen fragt, ob es die erfolgreichen Simon Snow-Romane wirklich gibt: Ja und Nein. Simon Snow kommt nicht nur in Fragmenten in Fangirl vor, sondern erschien auch als eigenständiger Band einer fiktiven Reihe, der jedoch ganz unabhängig funktioniert: Simon Snow muss sich nicht nur einer Prophezeiung stellen, sondern auch seinen Gefühlen gegenüber Baz, einem zynischem Vampir, der ihm das Leben schwer macht. Die scheinbare Antipathie der beiden wird im Wechsel der Perspektiven umgedeutet und zum Anlass einer nuancierten Entwicklungsgeschichte, die nicht nur kluge Fantasy ist, sondern auch ein Lehrstück über Serialität, das durch Eigenständigkeit ebenso begeistert wie durch die Variation bekannter Motive. *STUBE*
Rezension
Personen: Jakobeit, Brigitte Rowell, Rainbow
Rowell, Rainbow:
Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow / Rainbow Rowell. Aus dem Engl. von Brigitte Jakobeit. - München : dtv, 2017. - 507 S. - (Reihe Hanser)
ISBN 978-3-423-64032-9
Neue Mittelschule - Signatur: NMS Rowe - Buch