Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/) Autor: Verena Zeilinger; Ist in einer hochdigitalisierten Welt noch Platz für Mythen? Wieland Freund widmet sich dieser Frage in seinem modernen Rübezahlroman. Eine junge Mythobiologin soll Rübezahls bereits viele Jahre andauernden, überwachten Schlaf im Riesengebirge dokumentieren. Freunds fiktive Wissenschaft der Mythobiologie beschäftigt sich mit der nomen est omen Biologie mythischer Wesen. Doch Krakonos oder Duch Gór, der viele Namen trägt, die ihm allesamt lieber sind als der im deutschen Sprachraum gebräuchliche Spottname, erwacht und büxt aus. Dabei trifft Riebe (wie er sich selbst nennt) auf die Brüder Nik und Levi, ein von ihren dauerarbeitenden Eltern vernachlässigtes Brüderpaar, das in der firmeneigenen Nachwuchsakademie von Qwip.com (ein von Freund erfundener Medien-/Computerkonzern) den Großteil ihrer Zeit verbringt. Besonders der jüngere Levi langweilt sich jedoch in dieser übertechnisierten, kleinen Welt, möchte lieber Tiere beobachten und draußen Abenteuer erleben. Levi und Nik vertrauen (letzterer nicht sofort) Riebe, wollen ihm helfen, der Dauerüberwachung zu entkommen. Doch die mythobiologische Sondereinheit M-SEK will das potentiell gefährliche Sagenwesen ausschalten. Wieland Freund hat seinen Roman um ein berühmtes deutsch-tschechisch-polnisches Sagenwesen herumgebaut, die Ideen von Alten Wegen und Wilden Plätzen eines Robert MacFarlane einfließen lassen und nebenbei eine neue Wissenschaft samt Sonderkommando für abtrünnige Mythenwesen erfunden sowie einen, in vielen erfinderischen Details überzeugend dargestellten, modernen Medienkonzern als Ausgangspunkt seiner Story gewählt. Ziemlich viel Input für knappe 300 Seiten, doch die Mischung von hypermodernem Setting, jugendlicher Abenteuerreise und uraltem Sagenstoff findet überraschenderweise gut zusammen. Hans Baltzers wunderschönes Cover veredelt die Geschichte und lockt mit Sicherheit manch jungen Leser/junge Leserin hinter die Buchdeckel dieses Romans. ---- Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Anita Ruckerbauer; In dieser Welt ist kein Platz für Überzeitliche. (ab 12) (JE) Die Brüder Nik und Levi wohnen in Berlin. Ihre Eltern arbeiten bei einer IT-Firma und sind ständig auf Reisen. Deshalb leben die Brüder mit anderen Kindern und Jugendlichen fast ausschließlich auf dem Firmengelände. Sie gehen dort zur Schule, die Freizeit verbringen sie in ihren Wohnwaben in der virtuellen Welt. Doch der kleine Levi ist anders; ihn zieht es magisch hinaus in den Park und in die Brache, eine ehemalige verfallende Schrebergartensiedlung. Emma ist Mythobiologin, schreibt an einer Doktorarbeit über Leprechauns und verbringt ihre Zeit auf einem Beobachtungsposten im polnischen Teil des Riesengebirges. Hier schläft seit vielen Jahren ein "Überzeitlicher", den man unter vielen Namen kennt: Duch Gór, Krakonos, Rübezahl, Riebel. Jetzt ist er erwacht und macht sich auf den Weg. Er folgt den Schattenpfaden, er sucht einen Eingang in die unterirdische Welt zu seinesgleichen. Krakonos ist ein Gestaltwandler und landet als Rabe im verlassenen Schrebergarten, wo Nik und Levi auf ihn treffen. Allerdings ist bereits ein Sonderkommando hinter ihm her, das kein Hehl daraus macht, dass es den Berggeist am liebsten sofort töten würde. Um die heranstürmenden Soldaten zu verwirren, verwandelt sich Krakonos in Levi. Den Brüdern gelingt mit dem seltsamen Wesen die Flucht, doch das Sonderkommando ist ihnen dicht auf den Fersen, begleitet von Emma, die versucht, das Schlimmste zu verhindern. Zwei sehr gegensätzliche Welten prallen hier aufeinander - die völlig künstliche der IT-Firma, in der sich praktisch alles in der virtuellen Welt abspielt, mit den Eltern hält man über Qwips Kontakt. Der kleine Levi will hier nicht so recht hineinpassen. Sein Handy interessiert ihn nicht, dafür ist er dauernd auf der Suche nach Vögeln, Ratten, Käfern, Spinnen. Auf der Flucht zeigt ihnen Krakonos das Leben im Wald und Levi wird zu einem völlig anderen; er würde Krakonos am liebsten in seine Welt folgen. Abwechselnd erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der empathischen Emma und des älteren Bruders Nik, der viel Verständnis für den Eigenbrötler Levi aufbringt und sich rührend um ihn kümmert. Man kann "Krakonos" als spannenden Thriller lesen, aber das Buch enthält auch viele psychologische Elemente, die zum Nachdenken anregen. Und vielleicht wird ja der eine oder die andere auf "Rübezahl" von Otfried Preußler zurückgreifen, um mehr über den Berggeist zu erfahren. Allen Bibliotheken zu empfehlen.
Rezension
Personen: Freund, Wieland
Freund, Wieland:
Krakonos : Roman / Wieland Freund. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2017. - 292 S.
ISBN 978-3-407-82322-9
Neue Mittelschule - Signatur: NMS Freu - Buch