Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/) Autor: Isabel Blarr; Wenn uns jemand etwas über den alltäglichen Wahnsinn in Schulen erzählen kann, dann ein Lehrer wie der Französischlehrer Luc Blanvillain, der in seiner Heimat Frankreich schon zahlreiche Kinder- und Jugendbücher mit Erfolg publiziert hat. Im Tagebuch eines Möchtegern-Versagers, seinem Deutschland-Debüt, erzählt Blanvillain die turbulente Geschichte des 12-jährigen Nils, der den verrückten Plan ausheckt, sich mit dem Schulstart auf einem neuen Elitegymnasium vom Genie und Streber in einen fetten Versager zu verwandeln. Die folgende Berg- und Talfahrt hält er, auf Empfehlung seiner neuen Psychologin, schriftlich in einem Tagebuch fest. Doch wie kommt der junge Ich-Erzähler, mit dem [] Notendurchschnitt von 1,1. Nicht 1,0, damit man mir nicht wirklich eine reinhaut, zu diesem abstrusen Plan? Um das zu erklären, muss ich eine kurze Zusammenfassung meines Lebens geben. [] Ich darf nicht fernsehen. Ich besitze keine Computerspiele. Jeden Sonntag fahren wir aufs Land. [] Meine Eltern tun das nicht aus Grausamkeit, sie wollen nur, dass ich Höchstleistungen erbringe. Und genau hier liegt der Hund begraben. Nils möchte sich aus den Fängen und Zwängen der ständigen Leistungsansprüche seiner Eltern und Schule befreien und endlich die Dinge machen, die ein normaler Junge in seinem Alter macht. Da liegt die schrittweise Verwandlung zum Versager nahe. Wie man versagt, kann sich Nils bei seinem neuen Banknachbarn, dem gedankenverlorenen Basile, abgucken.Für Nils führt sein ausgefuchster Plan zu vielen Freiheiten, bei seinen Eltern zu Schnappatmung und zur Erschütterung ihrer Lebenswelt. Doch was anfangs so gut aussieht, entwickelt sich für auch für den Jungen nach und nach zu einer Katastrophe. Als er sich in seine Mitschülerin und Nachhilfelehrerin Mona verliebt, seine ältere Schwester Heloise bei den Eltern verpfeift und gegen sich aufbringt, ihn der unsympathische Klassenstreber Engelbert plötzlich in der Hand hat und er seinen fiesen Mathelehrer Monsieur Courtelin, genannt der Kondor, vor versammelter Eltern-, Lehrer und Schülerschaft demütigt, droht der fein durchdachte Schwindel aufzufliegen. In seiner dynamischen Geschichte über den steigenden Leistungs- und Konkurrenzdruck zwischen Jugendlichen und die zu hohen Erwartungen an deren schulische Leistungen lässt Luc Blanvillain seinen Protagonisten spitzbübisch aus dem System der Überforderung ausbrechen und konfrontiert ihn mit weiteren typischen Jugendthemen: erste große Liebe, Eingewöhnung in einer neuen Schule, das stürmische Auf und Ab mit Geschwistern und Eltern sowie die Erkenntnis, dass bestimmtes Verhalten auch bestimmte Konsequenzen nach sich zieht, für die man verantwortlich ist. Der Text lässt sich dank Blanvillains humorvollem Schreibstil, seiner sarkastischen Spitzzüngigkeit und dem nachvollziehbaren Handlungsverlauf mühelos und mit Spaß lesen. Eine unterhaltsame Lektüre für den Start ins neue Schuljahr. ---- Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp) Autor: Martina Michaeler; Nils ist zwölf Jahre alt und hochbegabt. Er gehört zu jenen, dem die anderen am liebsten eine reinhauen würden. Die Art Schüler, die bei einer Klassenarbeit sofort anfängt, in einem Zug die Antwort runter zu kritzeln, eine halbe Stunde vor den anderen abgibt und sich aus der Bibliothek ein Buch holen darf, um die Zeit totzuschlagen, bis die anderen endlich fertig sind. Damit er weiterhin Höchstleistungen erbringt, überwacht sein Vater, ein Bibliothekar, alle literarischen Angelegenheiten. Die Mutter ist Ingenieurin und betreut alles, was mit Zahlen zu tun hat. Nils darf nicht fernsehen, benutzt keine Computerspiele und führt ein Leben wie der kleine braune Bär aus einer Zeichentrickserie für Kleinkinder. Seit seiner Geburt wurde ihm alles erklärt, was ihm unter die Augen kam: "Man erläutert mir das Gewicht, die Geschwindigkeit, die Wortherkunft, das Jagdrevier oder die chemische Zusammensetzung. Als ich klein war, durfte ich, wenn ich mir weh getan hatte, nicht einfach weinen, sondern musste drei Synonyme für das Wort Schmerz nennen. Ich habe schnell aufgehört zu jammern." (Zitat S.8) Um endlich mehr Freiraum von seinen Eltern zu bekommen, wählt Nils einen ungewöhnlichen Weg. Er nimmt sich vor, ein Versager zu werden. Dabei ist ihm klar, dass sich die Verwandlung schrittweise vollziehen muss, niemand darf merken, dass er simuliert. Der Zeitpunkt ist ideal, Nils wechselt gerade auf ein besonders anspruchsvolles Gymnasium. Er beginnt, die Fortschritte und Rückschläge seiner Verwandlung in ein Tagebuch zu schreiben. Dabei erzählt er auch von Mona, die er in der neuen Klasse kennenlernt, und die ihm sofort sympathisch ist, von Basile, der ein echter Versager ist, von dem Nils viel lernen kann und von Engelbert, einem widerlichen, überangepassten Genie. Langsam werden die Noten schlechter und für den Protagonisten wird alles besser. Die Mutter kocht sein Lieblingsessen, der Vater kommt früher von der Arbeit nach Hause und seine Schwester Eloise benimmt sich halbwegs normal mit ihm. Die Eltern machen sich aber so große Sorgen, dass sie Nils zu einer Psychologin bringen. Und sogar die unterstützt ihn: Sie rät den Eltern nämlich, dem Jungen noch mehr Freiraum zu gewähren. Alles läuft perfekt. Sogar Mona freundet sich mit ihm an und lädt ihn zu sich nachhause ein, um ihm Mathenachhilfe zu geben. Doch dann gerät Nils Lügerei ein wenig außer Kontrolle und sein Tagebuch gelangt in die falschen Hände. Als schließlich auch noch ein Rechenwettbewerb ansteht, bei dem der überhebliche Engelbert unbedingt gewinnen will, überschlagen sich die Ereignisse Die Geschichte reißt den Leser sofort mit. Es macht unheimlichen Spaß, Nils Erlebnisse, die in der Ich-Perspektive geschrieben sind, mit zu verfolgen. Besonders die angenehme Portion Selbstironie und der subtile Sarkasmus geben dem Buch die richtige Würze und machen aus Nils einen sehr sympathischen, unterhaltsamen Charakter. Die Sprache der Tagebucheinträge ist meist einfach, ab und zu kommt in den Tagebucheinträgen die Hochbegabung des Jungen aber durch. Trotzdem liest sich der Text sehr flüssig, wenn man stockt, dann nur vor lauter Lachen. Da der Roman nicht sehr umfangreich ist, hat man die Lektüre leider viel zu schnell beendet. Ein Katastrophenbericht der besonderen Art mit der richtigen Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor. Eine tolle, witzige Geschichte, ein großartiges Lesevergnügen für alle Menschen ab 10 Jahren (und ein Tipp für Jungen, die nicht so gerne lesen und sich von dicken Wälzern abschrecken lassen).
Rezension
Personen: Illinger, Maren Blanvillain, Luc
Blanvillain, Luc:
Tagebuch eines Möchtegern-Versagers / Luc Blanvillain. Aus dem Franz. von Maren Illinger. - München : Meyers Kinder- und Jugendbücher, 2017. - 154 S.
ISBN 978-3-7373-4085-4
Erzählungen und Romane - Signatur: JE Blan - Buch