Aichinger, Ilse
Die grössere Hoffnung Roman
Buch: Dichtung

OA 1948 Form Roman Epoche Moderne Ilse Aichingers einziger Roman ist eine literarische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg der unmittelbaren Nachkriegszeit. Er schildert das von Angst und Terror erfüllte, ständig zwischen Hoffnung und Verzweiflung pendelnde Leben einer Gruppe von rassisch verfolgten Kindern in einer großen Stadt, die unschwer als Wien zu erkennen ist. Entstehung: Als »Halbarierin« war Aichinger in der NS-Zeit nicht unmittelbar bedroht, musste allerdings miterleben, wie nahe Verwandte deportiert wurden. Diese leidvollen Erfahrungen bilden die autobiografische Basis des Romans, dessen Hauptfigur Ellen ebenfalls zwei »falsche«, d. h. jüdische Großeltern hat. Die größere Hoffnung entstand in den ersten Nachkriegsjahren und nahm Aichinger dermaßen in Anspruch, dass sie ihr Medizinstudium abbrach. Inhalt: Die etwa 15-jährige Ellen nährt vergeblich die große Hoffnung, ihrer Mutter in die Emigration folgen zu dürfen, und muss stattdessen bei ihrer »falschen« Großmutter bleiben. Alle ihre Freunde haben mindestens drei »falsche« Großeltern und leben in ständiger Angst vor der geheimen Polizei. Es ist ihnen nahezu alles verboten, sie dürfen nicht auf Parkbänken sitzen, müssen auf dem Friedhof spielen und den gelben Stern tragen. Ellen leidet darunter, nicht ganz zu ihnen zu gehören, da sie als »Halbjüdin« nicht den Rassegesetzen unterliegt. Als sich ihre Großmutter aus Angst vor der Deportation das Leben nimmt und alle ihre Freunde verhaftet werden, läuft Ellen durch die heftig umkämpfte Stadt und wird bei dem Versuch, eine militärische Nachricht zu überbringen, durch eine explodierende Granate zerrissen. Kurz vor ihrem Tod erscheint Ellen ihr Freund Georg, dem sie anstelle der zerstörten eine neue Brücke bauen will, die den Namen »die größere Hoffnung« tragen soll. Aufbau: Der Roman besteht aus zehn Kapiteln. Er beginnt mit Ellens Versuch, ein Visum zu erlangen, und endet mit ihrer Entrückung und ihrem Tod. Die Chronologie der Ereignisse wird zwar gewahrt, doch ist es mehr ein assoziatives Fortschreiten, in dem Bilder aus der Traum- und Fantasiewelt mit solchen aus der Wirklichkeit zu einem vielschichtigen sprachlichen Gewebe verknüpft werden, das den Gesamteindruck des Romans stärker beherrscht als die eigentliche Handlung. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die Vermeidung einer konkreten Ortsangabe - nie wird Wien als Schauplatz der Romanhandlung genannt - und jeder genauen historischen Fixierung. Die Worte Juden, Nationalsozialismus oder Hitler kommen im Text nicht vor, der konkrete Terror des Nationalsozialismus und die Schrecken des Zweiten Weltkriegs werden dadurch ins Symbolische überhöht. Wirkung: Der Roman fand anfangs nur wenige Rezensenten und Leser. Offensichtlich erfüllte er nicht die Erwartungen, die viele Menschen nach dem Ende des Kriegs und des nationalsozialistischen Terrors an die Literatur stellten. Statt Anklage und Abrechnung mit dem Hitler-Regime zu liefern, ging Aichinger auf irritierende und schockierende Weise auf die Ängste, Demütigungen und Selbstanklagen der Opfer ein. Die größere Hoffnung ist zwar bis heute kein Bestseller geworden, doch ist es, nach einem Wort von Peter R Härtling, immer noch »ein Buch, das geduldig auf uns wartet«. R. Mi. Kurzbeschreibung Der 1948 erschienene Roman über rassisch verfolgte Kinder während der Hitlerzeit irritiert noch immer: In verfremdenden Bildern erzählt er von der Angst, der Bedrohung und der widerständigen Hoffnung der "Kinder mit den falschen Großeltern". "Peitscht uns, tötet uns, trampelt uns nieder, einholen könnt ihr uns erst dort, wo ihr lieben oder geliebt werden wollt." Diese größere Hoffnung haben die Opfer ihren Mördern voraus.


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Personen: Aichinger, Ilse

Standort: Zell am See

Schlagwörter: Geschichte WW II Gesellschaftskritik Nationalsozialismus Geschichte 1938-1945

Interessenkreis: Z Zeitkritische Romane, Rassen-, Minderheitenprobleme, politische u. soziale Romane

DR Romane, Erzählungen AICH

Aichinger, Ilse:
¬Die¬ grössere Hoffnung : Roman / Ilse Aichinger. Mit einem Nachwort von Heinz Politzer. - Frankfurt am Main : Fischer, 1976. - 313 S. - (Fischer Bibliothek)
ISBN 978-3-10-000508-3 fest geb. : ATS 175,00

Zugangsnummer: 0000385001 - Barcode: 2-0000000-8-01003833-8
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