Camilleri, Andrea
Die Pension Eva Roman
Buch: Dichtung

Eigentlich ist die Pension Eva für den heranwachsenden Nenè gar kein Bordell. Nicht nur, dass sich der Junge, der schon früh von seiner Cousine in die Geheimnisse der Liebe eingewiesen worden ist, als Zwölfjähriger vorgestellt hatte, dass in der dreistöckigen Villa im italienischen Vigàta bezaubernde Feen wohnten. Auch ist die äPensionô auf den Überresten eines Tempels und einer Kirche errichtet worden. Und tatsächlich erscheint das Haus im Roman vor allem ein heiliger Ort, in dem die Männer in den Armen des zweiwöchentlich wechselnden Personals für eine halbe Stunde auch den Krieg und die Lieblosigkeit ihrer Umgebung vergessen können. So verwundert es Nenè nicht, dass er nach der Zerbombung des Bordells am Ende des Romans eine Statue von griechischer Schönheit in den Trümmern findet, die die Hände zum Gebet gefaltet hat -- und die die Illusion des wahren Ortes im falschen Leben gleich wieder entlarvt: äEr berührte sie. Und da bemerkte er, dass sie nicht aus Marmor war, sondern aus Fleisch und Blut. Die Totenstarre hatte längst eingesetzt, und so hatte die Leiche wie eine Statue ausgesehen. Der Staub bedeckte ihren ganzen Körper, und wahrscheinlich war sie daran qualvoll erstickt.ô Der Lektüre des Kurzromans Die Pension Eva aus der Feder des inzwischen 82-jährigen italienischen Bestsellerautors Andrea Camilleri ist zunächst befremdlich. Das hat weniger damit zu tun, dass man vom Autor, der hierzulande nicht zuletzt durch seine spannenden Geschichten rund um den Commissario Montalban bekannt geworden ist, eher einen Krimi als eine leise Erzählung über das Heranwachsen in Zeiten des Krieges erwartet hätte. Vielmehr ist es der etwas altertümelnde Erzählton, der überrascht. Denn bei der Lektüre von Die Pension Eva hat man über weite Strecken das Gefühl, man halte die -- unbedingt notwendige, da ungemein faszinierende -- Wiederentdeckung eines wundervoll schreibenden Autors aus den zwanziger Jahren in den Händen, die die Lektoren des Kindler-Verlags da der Vergessenheit entrissen haben, und nicht eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2008. Wenn man sich aber auf den zwar nostalgischen, aber stringent durchgehaltenen und irgendwie ja auch passenden Erzählton Camilleris eingelassen hat, wird man Die Pension Eva die gegen Ende immer mehr zu einer Sammlung kleiner Geschichten und Anekdoten wird, mit Hochgenuss verschlingen. Da gibt es eigentlich nur eine kurze Passage, in der der allwissende Erzähler seine Leser, den vermeintlichen Tod eines liebestollen Barons im Bombenhagel betreffend, an der Nase herumführt. Da hätte man sich eine weniger effektvolle, dafür aber gelungenere Schreiblösung gewünscht. Aber das ist in dem Roman, der auf kleinstem Raum ein kluges Panorama der faschistischen italienischen Gesellschaft unter Mussolini entfaltet, nun wirklich ein verschmerzbarer Einzelfall. -- Thomas Köster, Literaturanzeiger.de *amazon.de*


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Personen: Camilleri, Andrea

Standort: Zell am See

Schlagwörter: Italien

Interessenkreis: I Entwicklungs-, Bildungs-, Erziehungsromane, Kindheit u. Jugend

DR Romane, Erzählungen CAMI

Camilleri, Andrea:
¬Die¬ Pension Eva : Roman / Andrea Camilleri. - 1. - München : Kindler, 2008. - 173 S.
Einheitssacht.: La pensione Eva. - Aus dem Ital. übers.
ISBN 978-3-463-40509-4 fest geb. : Euro 18,40

Zugangsnummer: 0008788001 - Barcode: 2-0000000-8-01085891-2
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