Wisselinck, Erika
Hexen - Warum wir so wenig von ihrer Geschichte erfahren und was davon auch noch falsch ist Analyse einer Verdrängung
Buch: Sachbuch

Informationen vom Cover des Buches: Im allgemeinen Bewußtsein ist "Hexe immer noch die Böse im Märchen oder die "besondere" männeraufreizende Frau. Die Tatsache, dass mit dem Beginn der Frühen Neuzeit (Ende 15. Jahrhunder) auf der Grundlage kirchlichen und weltlichen Rechts sogenannte Hexen systematisch ergriffen und abgeurteilt wurden, dass in zwei Jahrhunderten intensiver und einem Jahrhundert sich abschwächender Verfolgung Millionen von Menschen - zu fast 90 % Frauen - getötet wurden und dass dies ein hochpolitischer Vorgang war, ist weitgehend unbekannt. Gegenüber den religiösen, politischen und gesellschaftlichen Motiven für diese Massenvernichtung herrscht fast völliger Blackout. Diese Unwissenheit hat ihren Grund: die Verfasser der für die Geschichtswissenschaft verbindlichen Grundlagenwerke und Handbücher und die Autoren von Kirchen- und Medizingeschichte behandeln das Thema entweder gar nicht oder nur verzerrt und bruchstückhaft am Rande. Im letzten Jahrzehnt sind - ausgelöst durch die Neue Frauenbewegung - zahlreiche Texte zum Thema erschienen: Frauenforscherinnen, Literaturhistoriker/innen, Bevölkerungswissenschaftler griffen es unter neuen Gesichtspunkten auf, doch ist es nach wie vor hauptsächlich ein Thema für "Eingeweihte". Erika Wisselinck stellt die Frage nach dieser grandiosen Verdrängung. Sie versucht zu ergründen, warum dieses Thema offiziell bis heute ein "Unthema" ist und welche starken Schuldgefühle und Ressentiments bewirken, dass es unter dem Stichwort "unverständlicher Wahn" einer genauen Betrachtung entzogen wird. Sie untersucht vorhandene "offizielle" wissenschaftliche Texte au Lücken, Beschönigungen und Apologetik hin. An Textbeispielen entlarvt sie subtile Halbwahrheiten und krasse Fehler und Verschweigungen. Interviews belegen die bis heute herrschende Auffassung, dieses Thema sei marginal und gehöre nicht in die "seriöse" Wissenschaft. Der Autorin geht es um die politischen, gesellschaftlichen und ideologischen Zusammenhänge und Motivationen für dieses Schweigen und Herunterspielen, das eine endgültige Rehabilitierung der Millionen Opfer bis heute - 500 Jahre nach Erscheinen des "Hexenhammers" - verhindert hat. Verlag Frauenoffensive Erstauflage 1986 130 Seiten Inhaltsangabe: 1. Das große Schweigen .... oder reden die Hexen doch? 2. Das Unheil speist sich aus vielen Quellen Ein Überblick über Geschichte und Ursachen der Hexenverfolgungen 3. Ach, die Historiker Über weltliche Geschichtswerke 4. Was fremd und feindlich ist... Kirchengeschichten 5. Nichts mehr von den Weisen Frauen Männer machen Medizingeschichte und G. Heinsohns Thesen zur Ausrottung des Verhütungswissens 6. Frau, was hast du denn gehofft.... Und auch die Psychologen.... 7. Wie oft werden die Hexen noch verbrannt? Über die Hartnäckigkeit von Vorurteilen und was die Hexen heute für viele Frauen bedeuten Auszug aus dem Buch: Kapitel 2 - Das Unheil speiste sich aus vielen Quellen S. 25 / 26 / 27 - Die Obrigkeit, weltlich und geistig ... Zitat: "Ich möchte deshalb hier pars pro toto - (weil ich darüber genau gearbeitet habe) - den Ablauf im Herzogtum Bayern schildern, wo die Verfolgungen relativ spät einsetzten. (.......) Die Professoren taten ihre Pficht. Unter Berufung auf den "Hexenhammer" forderten sie, mit Eifer und Strenge zur Verfolgung von Hexen zu schreiten, denn es sei ja "nicht glaublich, daß Bayern von diesem Übel frei sei, von dem ja feststeht, daß es in der Nachbarschaft so stark herrscht". Nicht tatsächliche Fälle von Hexerei also veranlaßten die politisch Verantwortlichen zum Handeln, sondern die juristischen Voraussetzungen für Verfolgungsmaßnahmen wurden zunächst prophylaktisch geschaffen. (.......) Unter der Herrschaft Maximillians I. setzten sich die Verfolgungen verstärkt fort: München, Ingolstadt, Weilheim, Donauwörth, Kelheim, Abendsberg, Vohburg, Mitterfels, Wemding - das sind Namen aus Akten oder Nachrichten, die den Forschern im vorigen Jahrhundert noch zur Verfügung standen. Doch bereits damals mußte man von einer sehr unsicheren Quellenlage ausgehen, da viele Unterlagen nicht mehr vorhanden waren. Ich selbst habe die Faszikel des Bayerischen Staatsarchivs in der Hand gehabt, in denen anläßlich einer Aktenbereinigung 1851 bei den Tölz betreffenden Akten unter anderem auch die "Malefizakten" mit säuberlicher Feder ausgestrichen wurden, was heißt, sie wurden vernichtet. Kein gezielter Akt, sondern bürokratische Routine gegenüber "unwichtigen" Unterlagen... In andern deutschen Territorien und vor allem in deutschen Bistümern wüteten die Hexenprozesse jedoch noch schlimmer als in Bayern. Hier scheint es entscheidende Gegenströmungen im Lande gegeben zu haben, und vor allem setzte gerade der Bürokratismus von Maximilian I., der alle Urteile vom Hof bestätigt wissen wollte, der Ausdehnung Schranken. Übergriffe, Willkür oder Habgier seitens der Richter und Henker, wie sie anderswo vorkamen, sind aus der Zeit seiner Herrschaft nicht bekannt geworden. Die Richter handelten "aus Pflichtgefühl", waren "gewissenhaft", und im Rahmen der Prozeßvorschriften "vollzieht sich in aller Legalität der regelmäßige, himmelschreiende Justizmord". Dies schrieb Sigmund von Riezler 1896 - genau fünfzig Jahre bevor die Auseinandersetzung mit dem Phänomen der "im Rahmen der Legalität" handelnden Richter des Dritten Reiches begann." Zitat Ende.


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Serie / Reihe: Frauenoffensive

Personen: Wisselinck, Erika

Standort: Zell am See

Schlagwörter: Geschichte Hexen Sachbuch

GS Soziologie, Ethnologie, Gesellschaft, Staat WI

Wisselinck, Erika:
Hexen - Warum wir so wenig von ihrer Geschichte erfahren und was davon auch noch falsch ist : Analyse einer Verdrängung / Erika Wisselinck. - 2. - München : Frauenoffensive, 1987. - 129 S. - (Frauenoffensive)
ISBN 978-3-88104-158-4 kart. : Euro 22,-

Zugangsnummer: 0021162001 - Barcode: 2-0000000-8-01206944-6
Buch: Sachbuch