In der systemtheoretischen Modellierung, die hier entwickelt wird, sind Geschlossenheit und Offenheit keine Gegensätze. Gegenüber hermeneutischen oder fundamentalistischen Ansätzen, die die Spannung von Fremdheit und Vertrautheit der Bibel je nach einer Seite hin auflösen, wird gezeigt, dass ein System dann lebendig ist, wenn es Selbstreferenz und Fremdreferenz unterscheiden kann. Die Bibel agiert als eigenes Kommunikationssystem, auf das Rezeptionssysteme bezogen sind. Was Kanonisierung und was Inspiration bedeuten, kann im Verhältnis der beiden Systeme verständlich gemacht werden. Auf der Ebene der Programme erschließt sich die innere Differenzierung der Bibel, ihre Rezeption in den Konfessionen wie ihre Anschlussfähigkeit an die Umwelt. Vertrautheit mit der Bibel setzt nicht zuerst Glaubenszustimmung voraus, sondern die Bereitschaft, in ihrem Code zu operieren. Das eröffnet einen Blick auf die Möglichkeiten biblischer Kommunikation in der Online-Welt. Wie lassen sich aber dann die Bedingungen für gültige Rede von Gott einhalten? Was können die Kirchen tun, um Menschen in die Welt der biblischen Kommunikation eintreten zu lassen?
Enthalten in:
Evangelische Theologie; 2012/4 Zweimonatsschrift
(2012)
Serie / Reihe: Evangelische Theologie
Personen: Reis, Oliver Ruster, Thomas
Reis, Oliver:
¬Die¬ Bibel als "eigenwilliges und lebendiges" Kommunikationssystem / Oliver Reis und Thomas Ruster, 2012. - S.275-290 - (Evangelische Theologie) Theologische Hermeneutik des Neuen Testaments
Zeitschriftenartikel